Profi Friesen
einen Rasenmäher und was weiß ich noch alles, dann kaufte sie mehr Samen und noch mehr Samen. Denn wieviel sie auch säte, es wuchs ihr nicht schnell und nicht dicht genug. Und es gab dieses Entenpärchen, das auf dem Rasen landete und sofort mit dem Fressen begann, wenn sie wieder nachgesät hatte. Ich wusste bis dahin nicht einmal, dass Enten Rasensamen fressen, aber dieses Pärchen lebte eine Weile von nichts anderem und sah recht wohlgenährt dabei aus. Und natürlich wuchs dann doch noch etwas, Rasen wächst immer irgendwann. Im Grunde kann man Rasen kaum verhindern, aber das merken diejenigen nicht, die ihn schnell haben wollen. Die Herzdame stand kopfschüttelnd auf der immer schöner werden- den Fläche und besah sich alles, was auch nur ansatzweise schlecht war. Da sie sich dabei bückte und genau hinsah, war das ziemlich viel. Rasen wirkt eher auf Entfernung, man sollte im Vorbeigehen hingucken, dann wirkt er am schönsten, es ist Hintergrundgrün. Tatsächlich war unser Rasen schon nach nur einem Jahr ganz respektabel, die Nachbarn sagten es und guckten bewundernd. Das Gras blieb sogar noch frisch und grün, als ringsum alle Gärten vertrocknet waren, denn die Herzdame beregnete alles mit großer Ausdauer. Wenn sie das Wasser wieder abstellte, besah sie sich missmutig die winzigen Schwachstellen in der Fläche. Und bekam schließlich, es war ein Fest für die Freunde der Psychosomatik, eine Allergie gegen Rasenschnitt. So also kam ich zur Rasenpflege. Die Herzdame war raus aus dem Spiel, da ging nichts mehr. Ich bin allerdings viel entspannter als sie, ich finde Gemüse ehrlich gesagt auch immer noch interessanter als Gras. Ich kümmere mich also nur ab und zu und mähe grundsätzlich nur dann, wenn alle Nachbarn längst schon wieder damit durch sind. Der Rasen ist jetzt viel unbeachteter und auch üppiger. Ich nehme stark an, er fühlt sich richtig wohl. Das ist auch leicht nachvollziehbar, denn wer wird schon gerne allzu genau beobachtet und kritisiert, dabei kann man einfach nicht entspannt wachsen und sich entfalten, das kennt man auch von Kindern. In diesem Sommer haben sich endlich die allerletzten braunen Fleckchen in der Fläche geschlossen, endlich ist alles gut. Und wir können uns nun aussuchen, ob das eher an der manischen Vorarbeit der Herzdame in den ersten beiden Jahren oder an meiner tiefenentspannten Ignoranz in diesem Jahr liegt. Das ist besser als bei jeder Paartherapie - wir können beide unsere Eigenheiten als Vorteile anführen und insgeheim und unbeweisbar Recht behalten. Wirklich schön und friedlich ist das. Wie es im Garten eben sein soll. Maximilian Buddenbohm lebt in Hamburg und arbeitet vormittags als Controller, nachmittags als freier Autor, u.a. für „SZ-Familie“, das Goethe Institut und „Für Sie“. Seine Bücher werden im Rowohlt Verlag veröffentlicht. Gemeinsammit seiner Frau (der Herzdame) bloggt er außerdem über nachhaltige Wirtschaft, Fami- lie, Hamburger Themen – und über den eigenen Schrebergarten. MAX I M I L I AN BUDDENBOHM „ In diesem Sommer haben sich endlich die allerletzten braunen Fleckchen in der Fläche geschlossen, endlich ist alles gut.“ Maximilian Buddenbohm, Autor 25 7
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